Pferde. Diese wunderbaren Geschöpfe. Faszinierend. Kraftvoll. Und jedes für sich so anders. Eben individuell. So wie wir es auch sind. Und doch haben sie eines gemeinsam. Sie schauen dich an und wissen genau, wer du bist. Es gibt kein Verstecken, kein Vorspielen. Denn die Augen eines Pferdes haben diesen Blick. Diesen Blick, der wie es oftmals scheint, in die Seele seines Gegenübers schauen kann.
Ich selbst bin geistig mit einem Pferd verbunden. Icare, meinem Freund, den ich gerettet habe und der nun ein wundervolles Leben in einer Herde führt. Ich bin kein Reiter und kein Pferdeprofi im eigentlichen Sinne. Denn rein sachlich kenne ich mich mit Pferden so gar nicht aus. Was ich jedoch habe, ist die Erfahrung aus meiner über elf Jahre langen Arbeit mit Tieren und eben dadurch auch mit Pferden. Ich kommuniziere mental mit ihnen und habe bei meinen Kontakten immer wieder feststellen dürfen, dass sich die Probleme der Reiter mit ihren Pferden wiederholen. So kam ich nach jahrelangem Beobachten zu der Erkenntnis, dass die Pferde oftmals mit ihrem Verhalten ihre Menschen auf etwas hinweisen möchten. Man nennt dies das Spiegelgesetz und der ein oder andere hat vielleicht schon einmal etwas darüber gelesen oder gehört.
Das Spiegelgesetz besagt, dass alles was dich an einem anderen stört, oder mit dessen Verhalten du in Resonanz gehst, in dir selbst schlummert. Ich weiß, das hört sich nicht schön an und man möchte es auch so gar nicht immer glauben. Auch mir ging es oft so. Doch nach längerem Hinsehen durfte ich erkennen, dass es sehr wohl etwas mit mir zu tun hat.
Jetzt behaupten manche Menschen sogar, dass auch Tiere uns mit ihrem Verhalten etwas aufzeigen. Und zwar genau mit dem Verhalten, das wir so gar nicht an ihnen mögen. Schrecklich? Das dachte ich zuerst auch, doch man sollte es im Grunde als Geschenk betrachten. Ein Geschenk, dass einem nur unsere Tiere bereiten können, denn diese tragen uns unsere Fehler nicht nach. Sie möchten uns helfen in unsere eigene Kraft und unsere Verantwortung zu gehen und unser Leben zu leben. Authentisch und genau so, wie wir es uns eigentlich vorstellen.
WAS MÖCHTE DIR DEIN PFERD SAGEN?
Was also möchte dir dein Pferd sagen, wenn es buckelt und nicht das macht, was du von ihm verlangst? Pferde fordern von ihren Menschen absolute Authentizität und damit meine ich wirklich zu den eigenen Überzeugungen stehen und danach zu leben. Bist du authentisch? Stehst du zu 100 Prozent hinter dem, was du mit deinem Pferd tust? Oder tust du es nur, weil es dir ein anderer sagt? Ich bin immer wieder erstaunt, wie viele Pferde sich von ihren Menschen wünschen, dass sie auf sich selbst und ihre innere Stimme hören.
„Bist du authentisch? Stehst du zu 100 Prozent hinter dem, was du mit deinem Pferd tust?“
Hörst du auf deine Stimme? Ist es dir auch schon so ergangen, dass du mit deinem Pferd übst und es die Übungen perfekt absolviert, doch sobald jemand zuschaut klappt nichts mehr? Bestimmt hast du dich in einem solchen Moment schon genau so wie viele meiner Klienten über dein Pferd geärgert. Und bestimmt zweifelst du in diesem Moment nicht nur an dir, sondern vielleicht sogar an eurer Beziehung.
Eine Freundin von mir hat diese Erfahrung schon mehr als einmal mit ihrem Pferdefreund gemacht. Sie hat andere Methoden, um mit ihrem Pferd zu arbeiten. Und auch ihre Grundeinstellung deckt sich nicht mit dem, was viele über die Haltung und Handhabung von Pferden denken. Sie hat neue Wege gefunden mit ihrem Pferd eine Beziehung aufzubauen. Doch nicht alle Menschen in ihrem Umfeld finden das gut. Sobald diese Menschen sie beobachten, versucht sie es so zu machen, wie man „es“ machen soll. Oder wie es gesehen werden möchte. Und nicht so, wie sie es normalerweise tut. Ihr Pferd ist damit nicht einverstanden und zeigt das, indem es nicht mehr das macht, was es vor ein paar Minuten noch super konnte. Es möchte sie nicht ärgern, aber es zeigt ihr mit seinem bockigen Verhalten, dass sie überhaupt nicht authentisch ist. Authentisch sein bedeutet nämlich zu seinen Überzeugungen stehen und diese auch umzusetzen, egal wer zusieht.
PFERDE WISSEN WER WIR SIND
Pferde wissen, wer wir sind und wir können ihnen nichts vormachen. Immer wieder bin ich fasziniert von der Sensibilität dieser Lebewesen, die es schaffen, mit den kleinsten Gesten Menschen aus ihrer Mitte zu bringen. Beziehungsweise sie zwingen, in ihre Mitte zu finden. Pferde sind groß, stark und sie erscheinen mächtig. Doch sie sind so sensibel und feinfühlig, dass ein einziger Gedanke ausreicht, um sie so zu lenken, wie man es will – oder eben nicht will. Je nachdem wie unser Gedanke gelenkt ist, so wird das Ergebnis aussehen. Ich weiß, ich bin kein Profi. Ich reite nicht mal und ich kenne mich mit Pferden nicht wirklich aus, doch ich fühle ihre wahre Identität. Und das ist Liebe.
Pferde lehren die Menschen auch das Vertrauen. Anders als zum Beispiel Hundemenschen, die in der Regel sehr offen und vertrauensselig sind, sind es die Pferdefreunde eher nicht. So zeigen ihre Tiere oftmals Situationen oder Verhaltensweisen auf, die auf ihr mangelndes Vertrauen hinweisen sollen. Was bedeutet denn Vertrauen? Vertrauen heißt, sich fallen lassen, sich förmlich auszuziehen und JEDEM sein wahres ICH zu präsentieren.
Den Pferden an sich kann man nichts vormachen, denn dein Pferd kennt dich besser als du dich selbst. Und sagt man nicht, dass Pferde sehr gute Lehrer und Lehrmeister sind? Absolutes Vertrauen gibt es unter den Pferdemenschen selten. Man gibt zwar gewisse Dinge über sein Leben preis. Doch niemals so viel, dass der andere es zu seinem Vorteil nutzen könnte. Das wahre ICH bleibt oft verschlossen, aus Angst verletzt zu werden. Gewisse Dinge liegen hier schon in der Vergangenheit vergraben, und da bleiben sie dann erst mal versteckt.
„Genau darum geht es. Weiter das Herz zu öffnen. Egal was passiert ist. Egal wie oft man schon enttäuscht wurde und trotzdem voll und ganz zu vertrauen.“
Darum finden diese Menschen ihre Pferde, die sich vielleicht auch nicht mehr ganz öffnen können, weil ihr Herz ebenfalls schon mehr als einmal gebrochen wurde. Kein Wunder wenn man bedenkt, dass die meisten Pferde schon durch mehrere Hände gereicht wurden. Wer verdenkt es ihnen da, dass sie ihr Herz lieber verschlossen halten, weil es sonst wieder verletzt werden könnte? Doch genau darum geht es. Weiter das Herz zu öffnen. Egal was passiert ist. Egal wie oft man schon enttäuscht wurde und trotzdem voll und ganz zu vertrauen. Unserem Pferd, uns selbst und am besten dem ganzen Universum.
Aber muss man das? Oder braucht man das? Vielleicht nicht. Doch eines ist sicher: In diesen Fällen werden wir immer wieder in Situationen geraten, in denen uns mangelndes Vertrauen aufgezeigt wird und Vertrauen in sich selbst und andere eingefordert wird. So lange, bis wir das erkennen und gewillt sind, unser Verhalten zu ändern und die Kontrolle, die man eigentlich immer behalten möchte, loszulassen.
ABSOLUTE KONTROLLE IST NICHT MÖGLICH
Wir Menschen denken oft, dass wir alles unter Kontrolle haben. Aber seien wir mal ehrlich: Kontrolle ist nicht wirklich möglich. Auch bei unserem Pferd, welches aus unerklärlichen Gründen plötzlich scheut oder an einer bestimmten Stelle nicht weiter geht. Solch ein Verhalten ist nicht kontrollierbar. Auch wenn wir versuchen, uns das einzureden. Meistens versuchen wir, in unserem Leben auch anderes unter Kontrolle zu behalten. Wir möchten einfach über alles informiert sein. Brauchen eine gewisse Routine. Da diese uns das Gefühl gibt, wir hätten alles im Griff. Sobald wir anfangen zu erkennen, dass eben nichts im Leben zu kontrollieren ist, wird es auch mit unserem Liebling leichter funktionieren.
Hinter all diesen Gegebenheiten verstecken sich Selbstzweifel, mangelndes Vertrauen und auch Ängste verletzt zu werden.
Eine Klientin hat mir erst kürzlich erzählt, dass ihr Pferd sie am Wochenende vor eine Herausforderung gestellt hatte. Sie hatte einen ganz besonderen Kurs besucht. Und als sie das Übungsgelände sah, sank ihr Herz bis zum Boden. Das Übungsgelände war eine Weide. Und da ihr Pferdefreund bei Gras nur ans Fressen denkt, sah sie alle Felle davon schwimmen. Am Abend war sie mental und auch körperlich fix und fertig, weil sie nur damit beschäftigt war, ihr Pferd vom Fressen abzuhalten. Ich möchte allerdings betonen, dass er die Aufgaben mit Bravour meisterte. Am nächsten Tag zeigte er ihr gleich mal wo es lang ging. Sobald er auf der Wiese war, fing er an loszulaufen, so dass sie ihn loslassen musste. Nachdem er seine Energie losgeworden war und den einen oder anderen Grashalm abgerupft hatte, kam er sofort wieder auf sie zu. Sie hatte ihm nicht vertraut, aber er hat ihr mit seinem Verhalten gezeigt, dass er zwar kurz das machen musste was er eben tun musste – überschüssige Energie loswerden – um dann aber wieder zu ihr zu kommen. Er zeigte ihr: „Schau. Mach dich locker. Vertrau mir. Und vor allem vertraue dir.“
VERTRAU MIR UND VERTRAUE DIR
Ich habe mich oftmals schon gefragt warum die einen Menschen dieses gottgegebene Vertrauen in sich haben und die anderen nicht. Wenn ich mich als Beispiel nehme, so sehe ich stets das Beste im Menschen. Egal wie oft ich schon enttäuscht wurde, ich gebe alles von mir preis. Ich öffne mich völlig, verberge nichts. Und ich hatte auch schon negative Erlebnisse in meinem Leben, die mich eigentlich eines Besseren belehren sollten. Vielleicht liegt es daran, dass ich als Kind niemals als Versager gesehen wurde und auch wenn ich schlechte Noten hatte, so hatte ich nie das Gefühl, ich könnte nichts. Es wurde mir von Zuhause nicht suggeriert. Anderen ging es sicherlich anders. Und genau hier am Ursprung sollte man ansetzen, damit die Beziehung zwischen Pferd und Mensch eine vertrauensvolle Beziehung werden kann. Eine, die gleichwertig ist. Die auf einer tiefen Seelenebene basiert. Auf dem gegenseitigem Vertrauen, dass der eine auf den anderen aufpasst. Ohne Gewalt, ohne Zwang.
„Eine Beziehung,
die auf dem gegenseitigem Vertrauen basiert, dass der eine auf den anderen aufpasst. Ohne Gewalt, ohne Zwang.“
Ist das nicht der Traum eines jeden Reiters? Also meiner wäre es. Und nur so würde ich es wollen. Möglichkeiten all dies zu erreichen gibt es viele. Und glaube mir, sobald du dich selbst und deine Energie veränderst, wird sich auch die Energie deines Pferdes verändern. Ebenso wie jedes Tier das „unerwünschte“ Verhalten verändern wird, wenn wir es tun.
Unsere Pferde fordern uns auf etwas zu tun, denn sie möchten, dass wir authentisch sind, uns vertrauen und das Leben genießen, dass wir das Miteinander genießen und erkennen, dass wir alle irgendwie eins sind.
In diesem Sinne – viel Freude mit deinem Pferd. Es ist dein Freund, Ratgeber und das beste Barometer für deinen emotionalen Zustand. Sei dankbar für dieses wunderbare Geschenk.
TIERE UND WIE SIE UNS SPIEGELN
Anhand zahlreicher Beispiele und leicht umsetzbarer Übungen lernen Sie zu erkennen, welche Lebensthemen Ihnen Ihr Tier spiegelt und wie Sie gezielt an diesen arbeiten können.
200 Seiten
Schirner Verlag
ISBN-10: 3843411182
ISBN-13: 978-3843411189
EUR 12,95